2009-08 Baggertransport

Am 29.August 2009 fand ein Ereignis statt, welches nichts mit Bootfahren zu tun hat.

Dennoch kam die Idee auf, dass es lohnenswert wäre dass die Skipper und die Familien des TBCO daran teilnehmen.

Das Ereignis worum es ging, war einer der spektakulären Großgerätetransporte die im rheinischen Braunkohletagebaugebiet stattfinden.

In den Tagebauen werden 2 Arten von Großgeräten eingesetzt. Zum einen gibt es die bekannten Schaufelradbagger die die Kohle mit ihren riesigen Schaufelrädern abbaggern. Bevor die Kohle jedoch erreicht wird sind Unmengen an Sand und ähnlichem Material beiseite zu schaffen. Diese Arbeit wird ebenfalls von Schaufelradbaggern erledigt. Das Abraummaterial wird über kilometerlange Bandstraßen unter anderem zu bereits ausgekohlten Tagebauen gebracht und dort zum Verfüllen genutzt. Das Verteilen des Abraums übernimmt dann ein Absetzer, quasi ein Bagger ohne Schaufelrad, dafür mit einem langen Ausleger.

Der Abraum der nicht zum Verfüllen genutzt wird, kommt auf eine Abraumhalde - die Sophienhöhe, der zwischenzeitlich größte von Menschenhand errichtete Berg mit mehr als 200 Metern Höhe und einem Endvolumen von 10 km³.

Im Sommer 2009 sollte das vorerst letzte Großgerät, der Absetzer 756 und sein Bandschleifenwagen vom Tagebau Bergheim zum Tagebau Hambach fahren.

Auf seiner Fahrt hatten die beiden Geräte zahlreiche Hindernisse wie Straßen, Eisenbahntrassen, den Fluß Erft und die Autobahn A61 zu überqueren.

Dabei gilt es zu bedenken, dass der Begriff Großgerät hier ernst zunehmen ist. Mit einer Höhe von 57 Metern, einer Länge von 183 Metern und einem Gewicht von 5.013 Tonnen stellt das Queren von Hindernissen schon ein besonderes Ereignis dar.

 

 

Eben dieses Überqueren der Autobahn A61 nahmen die im Tagebaugebiet ansässigen TBCO Mitglieder Martina und Frank zum Anlass die übrigen TBCO‘ler einzuladen an diesem Spektakel teilzunehmen.

An jenem Samstag waren es Jann-Fokko und seine beiden Söhne Eike und Simon, die zuerst den Weg aus dem hohen Norden ins Rheinland gefunden hatten. Kurze Zeit später kamen dann Frauke, Thomas, Heike und Alfred mit deren Tochter Ayleen.

 

 

Bei Kaffe und Kuchen wurde sich auf das Ereignis eingestimmt, bei einem anschließenden Spaziergang durch den historischen Stadtkern von Alt-Kaster wurden sich noch mal die Beine vertreten bis es Zeit war los zu fahren.

Bevor es zur Autobahn ging, fuhr der Trupp an den Aussitzpunkt des Tagebaus Hambach um einen ersten Blick in einen von den Ansässigen fast liebevoll „Löcher“ genannten Tagebaue zu werfen.

Skipper Alfred hatte ein paar Wochen zuvor bereits die Gelegenheit dem Aussichtspunkt zu besuchen. Da er wusste welche enorme Ausmaße dieser hat, ließ er sich die Gelegenheit nicht nehmen die erstaunten Gesichter der anderen mit der Videokamera zu filmen. Alle waren überwältigt von der Größe des „Lochs“, welche man mit Bildern nicht festhalten kann.

 

 

Dieser Tagebau hat eine Tiefe von 299 Metern unter NN und liegt bis zu 399 Meter unter dem Geländeniveau und hat eine Betriebsgröße von ca. 3500 Hektar.

Nachdem dieser Tagebau ausgekohlt ist, ist geplant das „Restloch“ mit Wasser zu füllen und dadurch den größten künstlichen See der Welt zu erstellen. Dieser See wird der tiefste und nach dem Bodensee, der volumenmäßig zweitgrößte See Deutschlands.

Da hierfür gewältige Mengen Wasser notwendig sind und der Kohleabbau noch Jahrzehnte andauern wird, ist mit einer Fertigstellung des Sees nicht vor dem Jahr 2100 (Zweitausendeinhundert) zu rechnen.

Nachdem die ersten Eindrücke verarbeitet waren, ging es dann zur Autobahn.

Die Firma RWE Power hatte auf einem Feld eigens einen Parkplatz für über 200 Fahrzeuge eingerichtet, der im Laufe des Abends noch eine entscheidende Rolle spielen sollte.

Gegen 19:00 Uhr wurde die Autobahn dann für den Autoverkehr gesperrt. Die bereitstehenden Planierraupen starteten auf beiden Seiten der Autobahn ihre Diesel und nachdem die Polizei die Autobahn freigegeben hatte, schoben sie den bereitgestellten Kies auf die Bahn bis eine breite Trasse erstellt war. Gleichzeitig fuhren Absetzer und sein Bandschleifenwagen langsam unter beeindruckender Geräuschkulisse auf diese Trasse zu, begleitet von Kamerateams und hunderten von Schaulustigen.

 

 

Die Planierraupen beendeten ihre Arbeit unter dem Beifall der Zuschauer mit einem Ballett, verließen dann aber die Trasse um den Weg für den Absetzer freizumachen.

Mittlerweile setzte die Dunkelheit ein und die Menschmengen machten sich auf den Weg nach Hause. Thomas hatte unter dichtem Dickicht eine Treppe gefunden, die es uns ermöglichte an den übrigen Besuchern vorbei zu gehen und schnell zu Parkplatz zu kommen. Dort stellte sich allerdings ein Verkehrschaos ein, wodurch wir fast eine Stunde verbrachten ohne dass sich die beiden Autos bewegten.

Jann-Fokko erspähte eine Lücke und fuhr mit seinem Kombi los. Leider konnte Frank mit seinem Pickup nicht folgen und wählte kurzentschlossen einen Weg zur Fahrbahn der allradgetriebenen Fahrzeugen vorbehalten ist. Die kleine Ayleen, die Passagier im Pickup war, erzählte noch am nächsten Tag von dieser Zwischeneinlage.

Endlich bei Frank und Martina angekommen ließen wir den Abend mit einer Mitternachtssuppe und dem ein oder anderen Gläschen ausklingen. Alle gingen tief beindruckt in die Betten.

Der nächste Tag begann mit einem gemeinsamen Frühstück bei Martina und Frank.

Den letzen Bissen noch im Mund holte Frank 2 „Scouts“ von RWE Power. Zusammen mit diesen fuhren die TBCO’ler zum Tagebau Garzweiler. Dort standen bereits 2 geländegängige Pickups des Unternehmens bereit. Da Frank mal sehen wollte ob sein Pickup auch mit dem Gelände fertig wird, verteilen sich die Leute auf die 3 Fahrzeuge und sofort ging es los in den Tagebau.

Vorbei an den verschiedenen Sandschichten die sich in den letzten 30 Millionen Jahren durch die Nordsee und zahlreiche Flüsse in der niederrheinischen Bucht abgelagert haben, ging es hinab auf die unterste Sohle des Tagebaus zu dem bis zu 100 Metern mächtigen Braunkohleflöz.

 

 

 Dort parkten wir unmittelbar neben einem jenen gewältigen 97 Meter hohen und 210m langen Schaufelradbagger. Dieser 13.500 Tonnen schwere Kollos hatte aber aufgrund einer Wartungsarbeit eine Zwangspause. Ansonsten wäre ein Parken in seiner Nähe für die Pickups auch zu gefährlich gewesen. Denn in jeder seiner 18 Schaufeln würde locker eines der Fahrzeuge passen.

Es war für alle ein Erlebnis „frische“ Braunkohle in die Hand nehmen zu können und Holz von Baumstämmen das sich nicht in Kohle gewandelt hat und nach 22 Millionen Jahren wieder ans Tageslicht kommt. Ganz erstaunlich, dass die Struktur des Holzes nach diese langen Zeit noch zweifelsfrei zu erkennen war. Einige nutzten die Gelegenheit sich solch ein einzigartiges Zeugnis der Vergangenheit mitzunehmen.

Im Anschluss fuhren die Scouts mit der Gruppe zur Ortschaft Pesch. Dieser Ort teilt das gleiche Schicksal wie einige andere Ortschaften, die dem Tagebau im Wege stehen. Die Bewohner bekommen von RWE Power ein Gelände angeboten, auf das sie ihre dörfliche Gemeinschaft umsiedeln können.

Ihre alten Häuser werden von RWE Power aufgekauft, nach dem Auszug der Bewohner zugemauert, die brauchbaren Baustoffe entnommen und letztendlich abgerissen. Die Kulisse des bis auf wenige Häuser verlassenen Ortes hinterlässt schon den unheimlichen Eindruck einer Geisterstadt.

 

 

Was aber einige aus der Gruppe nicht abhielt im Garten eines der verlassenen Häuser äußerst köstliche Äpfel zu ernten.

Von dort aus fuhren wir ein letztes Mal zu einem der zahlreichen Aussichtspunkte um noch einmal einen Blick von oben auf die gewaltigen Ausmaße des „Lochs“ zu werfen

 

 

Zum Abschluss besuchte die Truppe einen Kohlebunker wo gewaltige Massen Kohle zwischengelagert werden und auf ihre Verwendung in einem der Braunkohlekraftwerke warten.

Nach der Verabschiedung der Scouts, bei denen sich der TBCO hier nochmal ganz ausdrücklich bedanken möchte, gab es Mittagessen im Pfannkuchenhaus mitten in der Altstadt von Kaster.

Gesättigt verabschiedeten sich die Angereisten und machten sich auf ihren Weg nach Hause.